Belangloses zur S-Bahn

Im neuen Spiegel ist ein großer Artikel zum immer noch bestehenden Chaos der Berliner S-Bahn, zweifellos kein langweiliges Thema. Besonders wer regelmäßig Eisenbahnzeitungen liest wird dort natürlich nichts neues erwarten, aber vielleicht Hintergrundinformationen die so noch nicht bekannt waren, oder wenigstens eine gute Zusammenfassung. Geliefert wird… nichts.

Der Artikel zitiert in der ersten Spalte den Sprecher der FDP im Berliner Verkehrsausschuss mit den Worten “Ihre Stellungnahme, Herr Grube, ist in hohem Maße enttäuschend. Sehr viel technisches Zeugs. Aber das interessiert die Berliner doch gar nicht”, und man kriegt den Eindruck, dass dies das Mission Statement für den ganzen Artikel ist. Das “technische Zeugs”, das ja doch die Ursache für das Problem ist, interessiert den Spiegel nicht. Statt dessen kommen Gespräche mit Leuten, die das Problem auch nicht lösen können und darüber traurig sind.

Natürlich wird auch Ursachenforschung betrieben, und die Ursache ist leicht gefunden: Die Bahn will an die Börse, hat Arriva gekauft, baut Hochgeschwindigkeitsstrecken in Katarr, also muss folgerichtig die Berliner S-Bahn dran glauben. Was der genaue Zusammenhang ist und wieso trotz allem beispielsweise die S-Bahn in Hamburg, genauso ein Sondersystem wie Berlin (wenn auch inkompatibel, man kann also keine Züge vorbeischicken), noch funktioniert, bleibt eine Aufgabe für den Leser. So lange man den Ausdruck “kaputtgespart” verwendet hat, scheint die Ursachenanalyse erledigt zu sein.

Dabei ist es ja nicht so, als ob es zu dem Thema nichts zu sagen gäbe. So wie die Untersuchung im Auftrag der DB, die belegte, dass die Abläufe in der S-Bahn Berlin GmbH auch im Vergleich zum restlichen Konzern absolut mangelhaft waren. Auch der Streit, ob denn nun Bombardier mangelhafte Züge geliefert, oder die Bahn mangelhafte Züge bestellt hat, wäre mehr als nur relevant, besonders da es aussieht als könnte die Bahn bei der Bestellung von neuen IC-Zügen in die selbe Situation kommen (hier streitet man sich mit Siemens, wo man nicht bereit ist, zu garantieren, dass ein Zug korrekt funktioniert der so wenig kostet, wie die Bahn es gerne hätte, weswegen sich die Auftragserteilung weiter verzögert). Zu guter letzt könnte man auch versuchen, die Frage zu beantworten, wieso die Züge der Baureihe 481 von 1996 bis Anfang 2009 größtenteils problemlos fuhren und dann auf einmal nicht mehr. Keineswegs eine einfache Aufgabe, aber der Spiegel stellt die Frage nicht mal.

Schließlich kann man so einen Artikel nicht beenden, ohne nach dem Ausblick zu fragen, was für den Spiegel heißt: Wann wird die S-Bahn wieder normal fahren? Als Antwort gibt er sich mit “Keine Ahnung” zufrieden, oder besser gesagt, er fragt danach nicht weiter nach. Wie steht es mit den angefachten Plänen, neue Züge zu kaufen? Was könnte das für zukünftige Ausschreibungen bedeuten? Irrelevant. Neue Züge und Ausschreibungen werden, unabhängig voneinander, kurz erwähnt, beide nur mit dem Hinweis dass sie kurzfristig die Lösung nicht bringen. Langfristige Lösungen sind wohl für den Spiegel hier nicht nötig.

Aber gut, dass ist ja alles nur “technisches Zeugs”, dass die Berliner doch gar nicht interessiert. Die, oder zumindest der Spiegel, wollen nur wissen warum die Bahn nicht fährt und wann es wieder normal wird, aber bitte als Antwort nur “Mehdorn und Grube” und ein konkretes Datum hören.

Geschrieben am 17. Januar 2011 um 12:08

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