Fluch der Karibik 4

Am Donnerstag sah ich mir den vierten Fluch der Karibik-Film an, der aus unerfindlichen Gründen den Untertitel “Fremde Gezeiten” erhalten hat. Wie immer wenn ich darüber blogge war ich nicht all zu beeindruckt. Daher hier eine kleine Review. Achtung, es wird Spoiler geben. Das sollte aber OK sein, denn dieser Film ist es nicht wert gesehen zu werden.

OK, das ist zu extrem. Der Film ist akzeptable Unterhaltung, ein guter Grund um Popcorn zu essen. Tatsächlich bezieht sich der größte Teil meiner Kritik auch auf den Teil, nach dem mein Popcorn ausgegangen ist. Keine Ahnung ob das relevant ist. Aber wer einen der ersten drei Filme auf DVD hat, besonders den ersten, der wird viel mehr Spaß haben wenn er sich das noch mal anschaut.

Epic fail

Dafür gibt es verschiedene Gründe, teilweise im Plot, teilweise in den Figuren. Am erstaunlichsten ist aber, dass der Film einfach nicht episch genug ist. In den alten gab es viele verschiedene Inseln, Schiff-zu-Schiff-Kömpfe, einen dreier-Kampf auf einem rollenden Rad und so weiter. Es war vielleicht teilweise zu viel, aber dafür schaut man sich die Filme halt an. Nummer vier, hingegen, spielt zuerst auf ein paar Sets die anscheinend vom Sherlock-Holmes-Film mit Iron Man übrig geblieben sind. Dann folgt ein kurzer Teil auf Schiffen, wo ein Schiff-zu-Schiff-Kampf vorbereitet wird, aber in der letzten Sekunde ausfällt, da die Buchhalter des Films ein Veto eingelegt haben. Nach ungefähr einem Drittel des Filmes wird schließlich die Insel erreicht, wo Oceanic Flight 815 abgestürzt war, und bleibt dort bis der Film vorbei ist.

Das gregorianische London ist hübsch, es gibt ein paar gute Schwertkämpfe und auch einige größere Szenen, aber im Vergleich zum ersten Film ist nichts davon besonders beeindruckend. Der Dschungel von Oahu ist klasse, aber nach sechs Staffeln von Lost nicht mehr wirklich frisch und neu. Tatsächlich sah er in Lost deutlich bedrohlicher aus, und wenn eine Fernsehserie die selbe Location besser aussehen lässt als ein Jerry-Bruckheimer-Film, dann ist irgend etwas schiefgelaufen.

Plotten

Die Fluch der Karibik-Filme dachten schon immer, dass man einen guten Plot ohne weiteres durch sehr viel Plot ersetzen kann, was zu einer Szene im zweiten Film führte wo zwei Nebencharaktäre sich noch mal gegenseitig die Handlung erklären müssen. Dieses Grundelement bleibt, aber nach dreißig Minuten hat man alles am Plot verstanden bis auf die Löcher, und damit ist er nur langweilig.

Neuer böser Pirat Blackbeard will die Quelle der ewigen Jugend, weil er sonst bald sterben wird. Alter böser Pirat Barbossa will Blackbeard töten. Blackbeards lang-verlorene und kürzlich wiedergefundene Tochter Penelope Cruz[^1] will ihren Vater retten. Kapitän zur See Jack Sparrow wird mitgeschleift, weil er angeblich etwas über den Jungbrunnen weiß (was er allerdings nicht tut) und anscheinend weil ihm langweilig ist. Ein Haufen unbenannter Spanier sucht ebenfalls nach der QdeJ, da den Autoren erst jetzt auffiel “Mensch, wir haben die ganze Zeit die spanische Armada vergessen!”. Zwei unbedeutende Nebencharaktere verlieben sich aus unerfindlichen Gründen auch noch.

[^1]: Ich bin mir sicher dass ihr Charakter einen Namen hat, aber ich kann mich nicht dran erinnern und es interessiert mich auch nur wenig.

Was mich am meisten stört ist, wie wenig Überraschungen es gibt. Am Anfang der Reise legt Blackbeard einen Plan vor, wie der Film gehen wird, und der wird dann brav abgearbeitet. Zwar gibt es ein paar Umwege, aber zu keinem Zeitpunkt muss Blackbeard seinen Plan in irgend einer Weise abändern. Die Leute sammeln brav die Plotcoupons und lösen sie dann für das Finale ein.

Piraten und die Männer des Königs

Normalerweise würde ich so einen schwachen Plot verzeihen, da die Filme alle ein großes Spektakel sind und die Charaktere herrlich. Nur leider fehlt es daran hier. Alle Motivationen der Charaktere sind Off-Screen, und sie könnten genauso gut auch sagen “Glaub mir einfach”. Liebt Penelope Cruz ihren Vater Blackbeard? Sie sagt ja, aber wir sehen nie wieso, oder ob er sie mag. Ist Barbossas Mission, Blackbeard zu töten, in irgend einer Weise wichtig? Barbossa scheint das zu denken, aber da wir nie ihre erste Begegnung sahen, ist das schwer zu sagen, besonders da Barbossa anscheinend keine Probleme mit Leuten hat, die ihn umgebracht hatten (wie Jack Sparrow). Jack wiederum scheint mal in Penelope Cruz verliebt gewesen zu sein und umgekehrt. Eine menschlichere Seite von Jack Sparrow zeigen, wie er sich tatsächlich in jemanden verliebt? Nee, zu viel Arbeit, lass uns davon ausgehen dass die Emotionen schon da sind und keine Erklärung brauchen. In das Schema passt es erstaunlich gut, dass der Film sogar zögert, die Gesichter der Charaktere zu zeigen. Jeder, der eingeführt wird, kriegt eine längere Szene in der wir anscheinend gespannt sein sollen, ob es statt Barbossa vielleicht doch eher Worf aus Star Trek ist, der hereinkommt. Keine Ahnung, ob das ein besserer Film gewesen wäre, aber zumindest wäre es mal was neues.

Captain Jack sollte, natürlich, immer der Kern des Films sein. Immer ein gewisses Mysterium, gleichzeitig lustig, und immer mit einer Strategie und einem Plan, kann er uns an jeder Ecke überraschen. Außer hier natürlich. Im London-Teil des Films gibt es ein paar gute Fluchtszenen, die aber alle damit beginnen, dass die Kamera uns genau die Elemente zeigt, die Jack dann später verwenden wird, damit wir auch ja nicht überrascht sind. Wenn dann die Schiffe und damit der Plot erst mal richtig losfahren, wird Jack komplett nutzlos. Normalerweise ist er in Kontrolle seines Schicksals und damit des Films. Hier ist er auf Blackbeards Schiff geschanghait worden und bleibt unter seiner Kontrolle bis zum Schluss. Nach einer kurzen Meuterei, die endet als Blackbeard auftaucht (denn wie alle wissen hat eine Meuterei offiziell verloren sobald der Captain davon erfährt), versucht er nicht mal mehr zu fliehen, und es fällt schwer zu erkennen, wieso er noch da bleibt. Er will nicht, dass Blackbeard die Quelle findet, er scheint Penelope Cruz zu mögen, er möchte ein MacGuffin das Blackbeard gehört, aber nichts davon erklärt wieso er so bereitwillig bei fast allem mitmacht.

Blackbeard ist natürlich der wahre Held des Films. Ja, man versucht uns fest zu erklären, dass er böse ist, aber das wird nie tatsächlich gezeigt. Er tötet einen der Anführer der Meuterei (gibt ihm aber zumindest eine theoretische Chance zu entkommen) und erschießt beinahe seine Tochter, versucht das aber vor ihr zu verbergen. Das ist zwar nicht nett, aber all das würde man Barbossa und Jack auch zutrauen, und die sollen hier die Guten sein. Blackbeard ist auch sehr erfolgreich, wenn auch nur bis zu einer Szene die praktisch direkt von Indiana Jones und der Letzte Kreuzzug gestohlen wurde.

Was allerdings auffällt ist, wie oft Blackbeard den Idiotenball tragen muss. Kein Charakter ist davor sicher, aber Blackbeard erwischt es am meisten. Er unternimmt zum Beispiel große Anstrengungen, um eine Meerjungfrau zu fangen. Wenn sie dann aber fast stirbt und nicht alleine weiterkommt, ist er bereit sie zu töten, völlig unabhängig davon, dass sie für ihn eine sehr große und wichtige Investition darstellt. Auch andere Charaktere sind so dämlich dass Jack Sparrow mehrmals darauf hinweisen muss, und ich denke Johnny Depp sollte in einem Piratenfilm nicht die Stimme der Vernunft sein.

Die anderen Charaktere bleiben eher unbedeutend. Wer den Trailer sah, könnte denken, dass Penelope Cruz ein würdiger Gegenspieler für Jack sein sollte. Aber mit drei männlichen Hauptpiraten konnte man anscheinend der Frau keine Bedeutung zumessen. Sie ist nie in Kontrolle von irgend etwas, sondernd folgt immer den Befehlen ihres Vaters. In jeder direkten Konfrontation mit Jack verliert sie, außer sie hat zusätzliche Hilfe. Aus feministischer Sicht ist das vermutlich sehr, sehr Böse. Auf jeden Fall ist es sehr langweilig und eine vertane Chance. Barbossa, dagegen, sieht aus als wäre er bereit für den Ruhestand in einer Londoner Stadtvilla. Mit einer neuen Position in der Royal Navy und nicht wirklich viel zu tun wirkt er vor allem alt, statt wie bisher nur so auszusehen.

Zuletzt gibt es die Liebesgeschichte zwischen einem Missionar (den Blackbeard vor langer Zeit mal eingefangen hatte) und einer Meerjungfrau, und es erstaunt mich echt wie jemand denken könnte, dies wäre gut. Vielleicht beweist dieser Blogpost ja, dass ich es nicht verstanden habe und das ganze in Wahrheit eine Parodie von Orlando Bloom und Keira Knightley ist. Auf jeden Fall ist der Charakter des Missionars todlangweilig und kann zusammengefasst werden als “beschwert sich mit Eifer”. Ich denke wirklich er kriegt nie einen Namen. Priester und so können gute Charaktere sein, wie die Fernsehserien Firefly und V beweisen, aber die Chance wird hier vertan. Moralische Anleitung für die Hauptcharaktere? Unwahrscheinlich gute Kampfkünste gegen die Mächte des Bösen? Innerer Konflikt zwischen dem Glauben an das Gute im Universum einerseits und der Realität der Piraten andererseits? Alles zu schwierig, lass ihn statt dessen eine Meerjungfrau küssen!

Die Meerjungfrau hat nun wirklich keinen Namen bis der Missionar ihr einen gibt (Syrena), denn nichts sagt “gleichberechtigte Beziehung” so sehr wie wenn die eine Seite der anderen ihre gesamte Individualität schuldet. Im Film sind Meerjungfrauen immer seelenlose und relativ geistlose Killermaschinen, und dass sie anders ist wird uns nur gesagt, ohne Erklärung wie genau. Insgesamt hat sie so drei Eigenschaften: Sie kann ein bisschen Mitgefühl zeigen; sie ist eine Jungrau in Nöten; und zuletzt sieht sie gut aus wenn sie nackt und nass ist. Und wir sollen glauben dass es Punkt eins ist, wegen dem sich der Missionar in sie verliebt hat?

Spaß. Erinnert ihr euch noch daran?

Was hier fehlt sind lustige Nebencharaktere in irgend einer Form. Das ist aber nicht verwunderlich, denn der größte Teil des Witzes der alten Filme (besonders des ersten) ist verloren. Jack Sparrow macht immer noch den einen oder anderen Witz, aber die meisten anderen Figuren scheinen zu denken, dass ihr Plot ernst und wichtig ist, was natürlich nicht stimmt.

Das Urteil

Das meiste, was an den alten Filmen gut war, ist weg. Nichts gutes neues wurde hinzugefügt. Der Film bereitet klar ein oder zwei Nachfolger vor, aber ich werde sie mir nicht anschauen. Ich muss noch mal sagen, dass der Film nicht in irgend einem Sinne schlecht ist, aber empfehlen kann ich ihn auch nicht.

Geschrieben am 23. Mai 2011 um 11:29

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